WDR 5 "Alte und neue Heimat" Sendedatum:
Sendezeit: 9.20 Uhr-10.00 Uhr, Länge:
5'08 Die Ausstellung "Rummelsburg in alten Fotografien" - ein Meilenstein in der Zusammenarbeit von Polen und Deutschen des ostpommerschen Städtchens Rummelsburg (Miastko) 24.4.98 bis Ende Mai 98
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Anmoderationsvorschlag: Das kleine Städtchen Rummelsburg mit seinen 40 000 Einwohnern inmitten der hügeligen Endmoränenlandschaft gelegen gehörte zu den beschaulichen, kleinen Orten im Osten von Pommern. Heute gehört Miastko, wie Rummelsburg auf polnisch heißt, zur Wojewodschaft Stolp und hat durch die Zerstörung im 2.Weltkrieg viel von seinem einstigen Charme verloren.
Diesen alten Charme wieder sichtbar zu machen, zu zeigen, wie
die Stadt vor dem Krieg ausgesehen hat - das hat sich eine Ausstellung
der Stadt Miastko gemeinsam mit dem Heimatkreis Rummelsburg aus
Deutschland zur Aufgabe gemacht. Vor der Ausstellungseröffnung
am vergangenen Freitag (24.04.) war Susanne Lettenbauer vor Ort
und hat sich umgesehen:
Das Treffen mit dem Vorsitzenden des Heimatkreises Rummelsburg und dem Bürgermeister sollte am Kino sein, im Zentrum der Stadt. Das hieß also, in der Nähe vom Markt. Das Zentrum in einer pommerschen Stadt war immer traditionell der Marktplatz. Rechteckig, sehr großzügig angelegt und von Häusern umgeben. Das Problem war nur - in Miastko gibt es dieses Zentrum nicht mehr. Eine kleine Einkaufsmeile in der Nähe der alten, grau verputzten Kirche, ein winziger Platz mit Verkaufsbuden und -tischen, das ist das einzige, an dem ein Mittelpunkt, ein Treffpunkt dieser Stadt festgemacht werden könnte. Für Außenstehende gibt es außer der Kirche keinen Anhaltspunkt, von dem man die Stadt erkunden könnte. Und ehe man es sich versieht, erscheint schon wieder zum Ortsausgangsschild. Rummelsburg ist nur noch schwer wiederzuerkennen. Erst recht, wenn man sich die alten Fotografien und Postkarten ansieht, die Mittelpunkt der lang vorbereiteten Ausstellung über das alte Antlitz der Stadt sind. In den Räumen neben und über dem städtischen Kinosaal sollen sie das alte Rummelsburg wiedererstehen lassen. So ist der Wunsch von Hans-Ulrich Kuchenbäcker, dem Vorsitzenden vom Heimatkreis Rummelsburg, der seinen Sitz in der Nähe von Hamburg hat: Wir vom Heimatkreis Rummelsburg, auch unsere Paten wir haben an Zusammenarbeit auf der menschlichen Ebene gedacht, also daß wir die Menschen zusammenbringen und daß wir auch vor allem die Jugend zusammenbringen. Für uns war es selbstverständlich auch ein Anliegen, daß wir mit der deutschenVolksgruppe hier stark zusammenarbeiten und auch ein Klima schaffen, daß die Volksgruppe hier einen guten Rückhalt hat, in der Bevölkerung und auch bei den Behörden. 6(0'42) Daß die Zusammenarbeit mit den Behörden längst nicht mehr so kompliziert ist wie noch in den 80iger Jahren, können die hier lebenden Deutschen nur bestätigen. Ein Beweis dafür ist die jetzige Ausstellung, die auf Anregung der Stadtväter organisiert wurde. Der Bürgermeister Miroslaw Hapka weiß nur zu gut, warum er auf diese Idee kam: Viele Leute kommen zum Amt und fragen: Bürgermeister, wir müssen wissen, was war auf dieser Erde zuerst, welche Leute lebten hier, welche Betriebe gab es, welche Geschichte hat z.B. dieses Gebäude, in dem heute das Gymnasium ist. 18(0'17) >Hapka Bei einem Rundgang durch das ehemalige Rummelsburg findet man hier und da Häuser, die an typische pommersche Baustile erinnern, zweistöckige Handwerkerhäuschen, auch drei und vierstöckige Bürgerhäuser. Die schwarz-weiß Fotos in der Ausstellung zeigen aber eine ganz andere Stadt. Zwar wurde Rummelsburg während seiner 700jährigen Geschichte mehrmals fast völlig zerstört, trotzdem blieb bis in die dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts eine gewisse Geschlossenheit der Straßenzüge erhalten. Fast romantisch muten da die gepflasterten, engen Gassen an, die den Blick auf die Kirche freilassen. Auf anderen Fotos sieht man immer wieder den imposanten Marktplatz mit dem Bismarckdenkmal darauf. Auf den Luftaufnahmen wird erst deutlich, was die heutige Stadt Miastko mit dem Markt verloren hat. Dann ein Foto mit dem schlichten Rathaus, eines mit dem Postamt aus roten Backstein. Natürlich war auch hier für Verwaltungsgebäude der rote Backstein vorherrschend, wie das Foto vom Kgl.Amtsgericht oder von der Präparandenanstalt zeigt. In diesem Gebäude ist heute eine Schule, in der auch der Bürgermeister einmal gelernt hat. Für ihn ein weiterer Grund für die Ausstellung: Geschichte hat keine Pause. Unsere Leute lernten sehr oft, daß die Geschichte dieser Erde hat seinen Anfang 1945. Und das ist das Problem. Sie kennen die Geschichte bis zum Mittelalter und dann kommt eine Pause, und das ist ein Problem. Die Leute denken sehr oft, daß Geschichte nur politische Geschichte ist. Aber sie dürfen nicht vergessen, daß auf dieser Erde immer Leute leben. Das wichtigste ist, daß sie diese Erde fühlen, diesen Heimatkreis. Das ist der Heimatkreis für sie, aber auch für mich. Und die Leute müssen verstehen, da ist keine Pause. O-Ton 13+14(0'51) Die Ausstellungsstücke, zumeist aus privater Sammlung, stammten alle aus den erste drei Jahrzehnten dieses Jahrhunderts. Älter sind nur die liebevoll ergänzten Poststempel aus verschiedenen Jahren und das Siegel des Rummelsburger Tuchmachergewerbes von 1661. Beim Betrachten der Fotos und Postkarten fällt auf, wie wenig die beiden Städte Rummelsburg und Miastko miteinander gemein haben. Nur die wenigen Ansichten vom Stüdnitztal oder vom Camminersee im Stadtwald könnte man auch heute noch so finden. Aber Wehmutsgedanken allein sollen die Ausstellung nicht tragen, hier geht es um die Verständigung zwischen Menschengruppen, die jede auf ihre Weise die Heimat verloren haben:
Wir kommen hierher und sehen wie es jetzt hier ist.
Die Menschen, die jetzt hier ihren Wohnsitz haben, die wollen
auch gern wissen, wie es war. Da gab es ja Irritationen, offiziell
angeordnete Irritationen in der früheren Zeit, das möchten
die Menschen hier auch loswerden, so daß wir heute doch
recht unverkrampft miteinander umgehen und keine Berührungsängste
haben. Und daß man sich dann auch gerne diese Ausstellung
ansieht, wie sich das alte Rummelsburg einmal gezeigt hat.
9(1'09) O-Ton >Kuchenbäcker |