WDR 5 "Alte und neue Heimat" Sendedatum:
Sendezeit: 9.20 Uhr-10.00 Uhr, Länge: 14'20
Von 1876 bis 1998 - Das pommersche Landgestüt in Labes
(Lobez)
Anmoderationsvorschlag: Das alte pommersche Landgestüt von Labes 30 km östlich von Stettin gelegen hatte früher den größten Einfluß auf die Zucht der preußischen Provinz Pommern. Nach dem 2.Weltkrieg erfuhr es ein ähnliches Schicksal wie die ostpreußischen Gestüte, wurde aber im Gegensatz zu Trakehnen nie aufgelöst. Doch im vergangenen Jahr stand die Anlage fast vor dem Aus.
Susanne Lettenbauer hat sich in Labes umgesehen und die Chancen
dieses historischen Gestütes erfragt: Von 1876 bis 1998 - Das pommersche Landgestüt in Labes (poln. Lobez)
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Musik: Auf der Jagd (J.Strauss-Polka) darauf nach ca. 19 sek.: Das Landgestüt Labes im Jahre 1937. Erschöpft, aber glücklich kehren rotbefrackte Reiter von der großen Jagd in den weiten Buchenwäldern der Umgebung zurück. Treffpunkt ist die Kantine, wo Frau Brost bereits alles vorbereitet hat. Und nun stimmt Gestütswärter Willy Naumilkat in das alte Reiterlied vom Prinzen Eugen, dem edlen Ritter ein...Gemeinsam mit Landstallmeister Johannes Althaus feiern er und seine Kollegen in der Kantine des pommerschen Landgestüt Labes den heiligen Hubertus: Musik: Prinz Eugen, der edle Ritter...( Loewe-Ballade) darauf: (dann langsam abblenden!!!) Zitat: Im Herbst, wenn die weiten, großen Felder der umliegenden Großgrundbesitzer abgeerntet waren, begann die Zeit der frohen Reitjagden. Jagdgeber aus der Umgebung von Labes liebten es sehr, wenn zu ihren Reitjagden auch Hengste und Reiter vom Gestüt dabei waren...Eine der schönsten Jagden war die Hubertusjagd, die alljährlich in den ersten Novembertagen in Stargordt stattfand. Es war eine Freude, bei schönem, sonnigen Herbstwetter auf edlen schwungvollen Pferden durch die buntgefärbten Wälder zu galoppieren. Mit der Hubertusjagd endete die Jagdsaison. Es folgte ein zünftiges Fest in der Kantine des Landgestüts. Hier ging es hoch her. Eine Musikkapelle aus dem Kollegenkreis sorgte für rechte Stimmung. Das Tanzbein wurde kräftig geschwungen...Mit flotter Marschmusik wurde der Landstallmeister Althaus, der ein leidenschaftlicher Jagdreiter war, nach Hause begleitet. Für jeden Teilnehmer blieben es unvergeßliche und frohe Stunden. (Bericht Gestütswärter Willy Naumilkat) Musik: Prinz Eugen, der edle Ritter...( Loewe-Ballade) hochziehen!!! und nach ca.4sek.vollständig abblenden !!! Es ist Herbst 1937. Hinter dem pommerschen Landgestüt Labes, das für die Pferdezucht der gesamten Provinz Pommern zuständig ist, liegen über sechs Jahrzehnte Zuchtarbeit. Vom Staat 1876 gegründet, kann das Landgestüt und sein Landstallmeister Althaus bereits auf etliche Erfolge zurückblicken. Als neunter Leiter dieses Landgestütes, in dem nur Hengste gezogen und gehalten werden, kann Althaus nach anfänglichen Problemen nun auf einen Pferdetyp blicken, der als pommersches Pferd bezeichnet werden kann. Und damit ist das Landgestüt seinem Zuchtziel nahegekommen: Waren noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Pferde in der Provinz Pommern entweder planlos gekreuzt oder von Hengsten der Brandenburgischen und Westpreußischen Landgestüte gedeckt worden, konnte mit den Hengsten aus Labes seit 1876 ein mittelgroßes Arbeitspferd gezüchtet werden, das es bei Leistungsschauen mit Trakenern und Hannoveranern aufnehmen konnte. Kein Wunder eigentlich, war doch zum einen die hannoveranische Pferderasse auf der Grundlage pommerscher Pferde gezüchtet worden und hatte zum anderen der spätere Landstallmeister von Trakehnen Dr.Ehlert acht Jahre in Labes den Vorsitz, ehe er nach Ostpreußen ging. Dem Reisenden, der an einem schönen, frühen Sommermorgen in Richtung Labes den Boniner Forst durchfuhr, konnte oft eine kleine Kavalkade von Reitern und Reiterinnen auf auffallend gut gepflegten, frischen Pferden begegnen. Den Wald verlassend, fielen ihm kräftige Vollblüter auf der Koppel links der Chaussee auf, auf einem großen Reiterplatz daneben ein Richterhäuschen und eine Zuschauertribüne. Schon fuhr er an sauberen, roten Wohnhäusern mit Blumengärtchen vorüber, und da mochte ihn wohl die Tafel am Eingang der mit Baumkronen überdachten Auffahrt über sein Nachsinnen aufklären: "Gestütsverwaltung Labes". (Dr.Kurt Froehlich) O-Ton: Atmo Nr.26 Im Frühjahr 1998 sieht es fast noch genauso aus, wie es der ehemalige Tierarzt Dr.Kurt Froehlich beschreibt. Nur daß alle Schilder und Tafeln jetzt auf polnisch sind. Und der Gestütsleiter jetzt Slawomir Kalkowski heißt: O-Ton: seit wann (27+28) Seit 5.Dezember ist Kalkowski Leiter des staatlichen Hengstdepots, wie das Landgestüt heute genannnt wird. Der junge engagierte Mann aus dem neumärkischen Bellin, polnisch Bielin, ist die Rettung für das alte Landgestüt. Sein Vorgänger hatte zuletzt immer mehr interessierte Besucher und potentielle Käufer abgeschreckt, so daß im vergangen Jahr die Frage nach dem Entweder-Oder vom Staat gestellt wurde. Letztendlich sprang der Pferdewirt Kalkowski ein. 85 Hengste stehen zur Zeit in Labes und 30 Mitarbeiter sind für deren Pflege angestellt. Derzeit ist es ziemlich ruhig auf dem großen Gelände, die meisten Hengste sind außerhalb auf den Deckstationen bei den Stuten. O-Ton: 0'38 im Stall Atmo Der braune Holsteiner stammt von einem Züchter aus dem deutschen Struxdorf in Schleswig-Holstein. Die meiste Zeit des Jahres stehen die langen Ställe im typischen preußischen Backsteinstil aber trotzdem leer. O-Ton: Konkurrenz (30) evtl.nicht ! Die wenigen Hengste wirken in den riesigen Ställen ein wenig verloren, aber auch für sie wird die Stallgasse blankgefegt, diese Arbeit haben heute der Hufschmied und sein Stallbursche übernommen: O-Ton: Angstellter über seine Zeit auf dem Gestüt (42+43) "...ich bin hier schon vierzig Jahre. Ich fing hier an zu arbeiten, ging zu einem anderen Betrieb und kam wieder zurück. Als ich hier anfing, (Musik Ungarische Post (Polka) langsam aufblenden!!!) bin ich auch Pferde im Sport geritten, wenn Hengstparaden waren, machte ich die Ungarische Post und wir haben auch mit 2 Pferden und fünf Leuten eine Pyramide gemacht."Musik kurz stehenlassen (10sek.), dann Musik langsam abblenden!!! Schon für die damalige Zeit, als das Landgestüt 1876 gegründet wurde, legte man die Stallungen und Übungsplätze sehr großzügig an...in den besten Zeiten konnte Labes über 200 Hengste aufnehmen, davon kann der Gestütsleiter heute allein aus wirtschaftlichen Erwägungen nur noch träumen: Der polnische Staat hat wenig Geld für die Pferdezucht, ab und an eine Million Zloty...das muß für den Ankauf neuer Tiere und für den Unterhalt reichen. Große züchterische Experimente kann sich Kalkowski momentan noch nicht leisten. Die Pferde werden wie auch in Deutschland überwiegend für den Freizeitsport gezüchtet. Da mußte die über 100jährige Geschichte des pommerschen Landgestüts weit zurücktreten: O-Ton: Geschichte (50+51) Heute überwiegt in Labes die polnische Pferderasse, da hatte das mittelgroße, eher stämmige Arbeitspferd aus Pommern nach dem Weltkrieg und unter der polnischen Bevölkerung wenig Chancen: O-Ton: pommersches Pferd (47) Es ist interessant, wie sich Parallelen auftun zwischen der Zeit vor der Gründung des pommerschen Landgestüts 1876 und heute. Erst mit der Grenzöffnung und größerer finanzieller Kaufkraft ist es für polnische Züchter im ehemaligen Gebiet der Provinz Pommern möglich, gezielter zu züchten, auch das Gestüt in Labes geht meist im Ausland auf die Suche nach neuen Hengsten, so z.B. im holsteinischen Traventhal, das nach dem 2.Weltkrieg Gestütsangestellte aus Labes aufgenommen hatte: O-Ton: (31) ab 0'59 evtl. nicht ! Kamen früher die pommerschen Pferde aus Labes nach Hannover, kommen jetzt Hannoveraner wieder nach Pommern. Erstmal macht der Gestütsleiter Slawomir Kalkowski seine Pläne für Labes ohne Warschau, weil er weiß, daß die Hauptstadt weit weg ist. Und so hat er die Idee, auf dem ehemals nur für Hengste gebauten Landgestüt auch Stuten aufzustellen und mit ihnen zu züchten. Das einzige was er dazu braucht, ist Geld. Also werden die kleinen Zimmer der Oberetage im Landstallmeisterhaus renoviert, lernen die Reitlehrer deutsch und englisch und die Reittouristen aus Berlin, Mecklenburg oder Hamburg können kommen: O-Ton: Früher, als ich in Bielin gearbeitet habe, hatten wir Kontakte zu Leuten schon acht Jahre und das habe alles ich gemacht. Ich denke, wir müssen den gleichen Preis auch hier machen. Es gibt zwar Leute in Polen, die sagen, die Deutschen haben Geld und deswegen müssen sie auch teuer bezahlen. Aber ich denke, daß ist eine schlechte Idee. das müssen wir für jeden deutschen Mann möglich machen, nicht zu teuer, nicht zu billig und jeder kann hierher kommen...ab 2'09 Es kommen auch schon Leute hierher zur Fuchsjagd, sie kommen aus Schweden, Dänemark, Deutschland. Und sie rufen mich schon im Februar an und fragen, ob sie im Oktober zur Fuchsjagd kommen können, (Musik)das Land ist so schön, der Wald ist schön. Und wenn wir die Zimmer schön machen...Ich denke, mit den Leuten haben wir kein Problem. (34) Musik: "Auf der Jagd..." (J. Strauss) darauf und abblenden: Man könnte fast die Meinung bekommen, die großen Jagden der Vorkriegszeit beginnen wieder in Labes. Endlose Reitwege locken Reiter aus nah und fern an...Hundemeuten hetzen wieder durch den Wald und hinterher gibt es ein zünftiges Hubertusmahl? Slawomir Kalkowski ist noch neu im Landgestüt Labes und vielleicht überschätzt er seine Möglichkeiten, aber wenn demnächst doch die deutschen Spitzenreiter an einem Turnier in Labes teilnehmen, wie sie angekündigt haben, dann könnte es mit der Ruhe auf dem weitläufigen Gelände bald vorbei sein. Ein halbes Dutzend große Turniere in der Reithalle haben der Gestütsleiter und seine Mitarbeiter dieses Jahr bereits hinter sich, nun folgen die Wettkämpfe auf dem Turnierplatz. Und wenn dann ein Pferd aus seinem Stall gewinnt, ruft Kalkowski vielleicht auch, wie Landstallmeister Althaus vor 60 Jahren: "Froehlich, kommen Sie rüber, ich habe schon kaltgestellt." (Landstallmeister Johannes Althaus) Musik: "Auf der Jagd.." bis Ende ! |