Das alte neue Dreiecksverhältnis im 20.Jahrhundert

Uraufführung "Venus und Adonis", Oper in einem Akt für Sänger und Tänzer von Hans Werner Henze (Text Hans-Ulrich Treichel) am Nationaltheater München Samstag 11.Januar 1997, 20.00 bis 21.15 Uhr 

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Anmoderationsvorschlag:

In München wird der Opernliebhaber gleich zu Beginn des Neuen Jahres mit einer Uraufführung eines deutschen Komponisten überrascht. Hans Werner Henze - derzeit der bekannteste Komponist Deutschlands - stellt seine Oper "Venus und Adonis" vor. Das Münchner Nationaltheater bringt damit seine 5.Uraufführung innerhalb von 5 Jahren auf die Bühne. An dieser Auftragsarbeit der Bayrischen Staatsoper München, die auf der antiken Sage von der Göttin Venus mit dem Knaben Adonis und dem eifersüchtigen Gott Mars basiert, hatte Henze von 1993-1995 gearbeitet und damit ein Werk geschaffen, das zum Ausgang des 20.Jahrhunderts einen programmatischen Inhalt tragen könnte. 

Über Inhalt der Oper und Absicht des Komponisten Henze und Intendanten Peter Jonas Susanne Lettenbauer:
 

Es gibt ein Thema, das einfach immer aktuell bleibt - die Liebe. Für Hans Werner Henze ist sie ein lebenslanger Lernprozeß, der bei den Ursprüngen der Menschheit begann. 

Die Oper "Venus und Adonis", die er vor zwei Jahren beendete, greift zurück auf diesen antiken Mythos der Liebe und Leidenschaft, den Ovid um die Zeitenwende erstmals beschrieb. 

Bei dem für die Oper zugrundegelegten Text von Shakespeare aus dem Jahre 1593 scheint alles noch recht einfach: Die Göttin Venus vergeht in Verlangen nach dem hochmütigen, jungen Jäger Adonis, der sich nicht verführen lassen will und am Ende Opfer der Eifersucht des Kriegsgottes Mars, des Ehemannes der Venus wird. 

Am Ende dieses ausgehenden 20.Jahrhunderts sieht die Handlung schon etwas schwieriger aus: 

Der Librettist Hans-Ulrich Treichel hat die einfache Handlung Shakespeares auf zwei Ebenen verlagert. Die eine ist der Mythos geblieben...von Tänzern dargestellt, die andere ist der aktuelle Bezug zum Theater in Form einer Primadonna, eines Heldendarstellers und eines jungen Tenors, die gerade eine Aufführung des Stückes über Venus und Adonis vorbereiten. Beide Wirklichkeiten werden von Hirten aus einem Olivenbaum in der Mitte der Bühne beobachtet. 

Die Parallelität ist schnell erkennbar, wenn die Primadonna den jungen Tenor Clemente umgarnt und verführen will bis endlich der eifersüchtige Mann - auf der einen Seite der Gott Mars auf der anderen der Heldendarsteller - den Konkurrenten tötet. 

Henze macht es hier dem Publikum auf seine Art leicht, so der musikalische Leiter und Dirigent Markus Stenz:

O-Ton: Das Orchester ist zusammengesetzt...naja, das ist hochspannend...wie genau das nachvollziehbar ist anhand der Partitur.

Das Orchester ist der Hauptdarsteller, der die einzelnen Handlungsstränge musikalisch stark abgesetzt darstellt - ein Ziel, das Henze wichtig ist:

O-Ton: Wir hören zuerst ein Orchester...gerade geschieht...die nächste Kategorie...können da nicht raus. 

O-Ton: Es gibt ein Wort Leonardo da Vincis...die innen stattfinden. 

Reminiszensen an alten Kompostionsstile tauchen auf. Madrigale des 14.Jahrhunderts und Rezitative wechseln sich ab mit Fandangos: 

O-Ton: Ende der achziger Jahre...dieser alte Fandango

Trotz der starken Verdichtung bedeutungstragender, musikalischer Elemente bleibt eine Harmonie bestehen, die ihren Höhepunkt und gleichsam das Ende findet in der Verschmelzung von Mythos und Theaterwirklichkeit: Gemeinsam mit dem toten Jäger Adonis entschwindet auch der junge Tenor Clemente in den Himmel mit dem Gefühl, nicht mehr einsam zu sein, ein "Stern unter Sternen".

O-Ton: Es ist ein völlig privates Stück...diese Sachen werden in dem Stück einfach angesprochen und behandelt.

Die Oper "Venus und Adonis" ist ein Auftragswerk der Bayrischen Staatsoper am Ende des 20.Jahrhunderts. Mit seinen vielen Rückblicken und Rückgriffen bis zurück in die Antike und zu den Kelten scheint es, ist ein Bogen gespannt worden, der gewissermaßen als eine Verbeugung vor der Vergangenheit verstanden werden kann. 

Der Staatsintendant Peter Jonas:

O-Ton: Ich finde es...an uns selbst schaffen, glaube ich.