Die 1. Deutsche Theatermesse in Dresden vom 23.-25. April 1999 (DeutschlandRAdio FAZIT)

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Die weißen Zelte auf der Dresdner Cockerwiese wirken mit ihren fast zwei dutzend aufragenden Spitzen wie eine Wichtelfamilie beim Picknick - klein und strahlend stehen sie da. In ihrer Runde ist nur ein hölzernes Spiegelzelt der Außenseiter...ein Original von 1935 und wechselnden Bühnenprogrammen vorbehalten. (Atmo)
Im Inneren dieser Wichtelzelte herrscht kreativ chaotische Backstage-Atmosphäre. (Atmo)
Eine Mischung von Ständen mit barocken Kulissen und Garderoben auf der einen Seite und die Stände der Online-Ticket- und Klassikanbieter mit ihrer kahlen Schlichtheit erinnern nicht immer an an den eigentlichen Grund dieser Messe - hier soll gekauft und verkauft werden wie bei Messen üblich, auch wenn es sich bei der hier gehandelten Ware um recht unfassbar-immaterielle Theaterstücke, Opernwerke und Musicals dreht. Angesichts oft allzu knapper finanzieller Mittel haben sich Betreiber von privaten wie auch staatlichen Theatern schon längst von der beschworenen, vergeistigten Theaterarbeit verabschiedet und sich dem bitteren Mammon gestellt, wie das Theaterprojekt Schloß Bröllin aus der Uckermark:

O-Ton:

Daß man kulturelle Ereignisse ebenso vermarkten muß wie Firmen ihre Waren stand bei der Podiumsdiskussion zum Thema Sponsoring versus Mäzenatentum" im Mittelpunkt. Die Referenten rührten genau an den umstrittenen Punkt, ob Kunst und Kultur selbstlos, also von Mäzenen, unterstützt werden soll, oder ob das Sponsoring doch nur genutzt wird, um die Steuerlast eines Unternehmens zu senken. Auf der einen Seite stand Ludger Hünnekens vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im Innenministerium:

O-Ton:

Gemeinsam mit Ludger Hünnekens als Vertreter der Wirtschaft diskutierte Rolf Bolwin vom deutschen Bühnenverein:

O-Ton:

Ganz klar muß also unterschieden werden, ob die Firmen die Theater mit Auftragswerken, mit Anzeigen oder per Spendenbeleg unterstützen, und das passiert oft natürlich nicht ganz uneigennützig. Anknüpfend an ein Zitat von August Everding Kultur ist Humus für die Wirtschaft" bejahte Hans Jürgen Podzun von der IHK Koblenz die Bedeutung von Kultur, regte aber längerfristige Partnerschaften an, die besser als Einmalaktionen ein Kultur-Image vermitteln.
Die anfängliche neugierig-zwiespältige Erwartungshaltung der Aussteller ist bislang geschäftiger Messeroutine gewichen, auch wenn eine solche neue Messe langsam anläuft.
Daß sich neben den größeren Häusern wie das Gewandhaus zu Leipzig oder das Staatsschauspiel Dresden auch Buchverlage unter die Aussteller mischen, irritiert und lenkt ab. Daß aber die Zahl der Theater aus den alten Bundesländern diejenigen aus den neuen Ländern trotz der peripheren Lage Dresdens bei weitem übersteigt, überrascht positiv.
Es scheint also wirklich den Trend unter westdeutschen Bühnen zu geben, jetzt langsam auch im Osten ein Publikum zu finden. So jedenfalls empfindet es der Musiker vom Theatertreck aus Lengerich und dafür war die erste deutsche Theatermesse ein lohnender Anfang.